Sonntag, 8. September 2013

Rezi "Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben" Sven Hannawald

Titel: Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben
Autor: Sven Hannawald, Ulrich Pramann
ISBN: 978-3-89883-387-5
Preis: 19,99 €
Genre: Sachbuch, Biografie
Format: Hardcover
Seitenzahl: 200
Erscheinungsdatum: 01.09.2013



3,4 von 5 Sternen
*Inhalt:*
 In den letzten Jahren haben Sportler wie Sebastian Deissler den immensen Erfolgsdruck im Leistungssport zum Thema gemacht, und in einer großen Öffentlichkeit wurde nach dem tragischen Tod von Robert Enke bewusst, dass auch Sportler unter Depressionen und Burn-out leiden. Sven Hannawald, der 2001/02 als bisher einziger Skispringer alle vier Wettkämpfe der Vierschanzentournee gewann, war ein Ausnahmetalent, aber auch er konnte dem Druck nicht standhalten. Er, der in der DDR aufgewachsen war und immerzu gefordert wie gefördert wurde, musste seine Karriere aufgeben, nachdem sich Symptome einer Burn-out-Erkrankung zeigten. Wie kam es dazu? Wie ist Sven Hannawald zu dem Erfolgssportler geworden, der er war? Was macht Skispringen so unglaublich fordernd?
In seiner Autobiografie liefert Sven Hannawald spannende Hintergründe aus dem Innenleben eines Athleten, der sich den gnadenlosen Mechanismen seiner Sportart auslieferte, um erfolgreich zu sein: Wie ihn der Kampf um immer noch weniger Körpergewicht fast in die Magersucht, Erfolgsdruck und Zukunftsängste ihn in die Einsamkeit treiben. Und wie er sich und seine Balance schließlich findet – und seinen Weg zurück ins Leben.
(c)ZarbertSandmann

*Wie kam das Buch zu mir*
Ich entdeckte das Buch auf der Internet Seite von Vorablesen. Da ich seit Jahren ein großer Skisprungfan bin, musste ich dieses Buch einfach haben.

*Aufmachung/Qualität*
Ich finde das Cover ist sehr gut gewählt, sieht professionell aus und sticht einem sofort ins Auge. Die Seiten sind Hochglanzseiten mit vielen Fotos und es wird kaum Platz verschenkt. Trotzdem wirkt es weder beim Ansehen noch beim Lesen überladen.

*Meinung:*
Man erfährt eine Menge aus der Karriere von Sven Hannawald, aber wenig Persönliches. Das fand ich etwas traurig, aber es passte einfach zu ihm. Er wirkt immer sehr besonnen, überlegt und verschlossen. Ich denke das konnte er auch für dieses Buch nicht ganz aufgeben. Beim Lesen hatte ich immer das Gefühl, dass hier ganz genau kalkuliert wurde, was er preis gibt und was nicht. Mit dem Titel wird suggeriert, dass man etwas über die Karriere von Sven Hannawald erfährt, nicht etwa eine Biografie seines ganzen Lebens. Aber auch bei den Karriereaspekten wozu ich jetzt durchaus auch den Burn-Out mitzähle, da diese Krankheit ja noch in seiner aktiven Zeit auftrat, gab es nur sehr wenig richtig private Einsichten in das Empfinden des Sportlers. Am Ende des Buches weiß man, dass Sven Hannawald ein sehr verschlossener und selbstkritischer Mensch ist, dem Freiheit und Privatsphäre sehr wichtig sind. Ich denke das letzteres sich eindeutig auf den Informationsfluss in diesem Buch ausgewirkt hat.

Trotzdem erhält man einige sehr spezielle Einblicke, die vorher nicht bekannt waren. Erst einmal lernt man viel über das Sportförderprogramm der DDR. Das war für mich der interessanteste Teil des Buches. Sven berichtet mit Fotos und auch durch Interviews mit alten Trainern, von dieser Zeit. Er begann bereits mit 6 Jahren gezielt zu Trainieren und sein erstes großes Ziel war es dann in die Kinder-und Jugendsportschule aufgenommen zu werden. Dies erreichte er mit 12 Jahren und in dem Buch werden sogar Details aus der Schultrainingsakte veröffentlicht. Man erfährt von dem harten Trainingsplan und seinen Ziele, aber auch hier fällt wieder die Distanziertheit auf. Es kommen kaum Äußerungen zu dem wie er sich wirklich gefühlt hat. Seine Berichte wirken daher oft etwas nüchtern und kühl, was allerdings zum Typen Sven Hannawald passt.

Neben der DDR Kaderschmiede war ein weiterer Abschnitt seiner Karriere entscheidend – Die Wende. Plötzlich änderte sich alles entscheidend. Ich denke jedes Wendekind kann nachvollziehen was da auf einen eingebrochen ist, was es in einem verursacht hat, als plötzlich alles zusammenbrach, was man als Kind als schützendes System empfand und kaum hinterfragt hatte. Sven war als Jugendlicher gerade in der Phase, wo er sich für die Zukunft orientieren musste. Sein Weg führte ihn dann in den Westen auf ein Sportinternat. Hier kommen kurze Einblicke wie er sich als Ossi im Westen aufgenommen oder eben nicht aufgenommen gefühlt hat, aber bei all dem hat man immer da Gefühl es wurde nur an der Oberfläche gekratzt.

Über die Aufnahme in den A-Kader wird kaum eingegangen, obwohl ich mir vorstellen kann, dass gerade dieser Schritt entscheidend für einen Skispringer ist. Auch über die Teamkollegen und den Zusammenhalt wird kaum etwas berichtet. Besonderes Augenmerk wurde dann natürlich auf die Vierschanzentournee 2001/2002 gelegt. Das wird sogar zweimal ausführlich im Buch analysiert. Hier beginnt Sven auch langsam etwas mehr Tiefe durchblicken zu lassen, den hier begann bereits seine Krankheit (Burn-Out) Symptome zu zeigen.

Die Abschnitte über den Absturz und den Klinikaufenthalt waren dann für dieses Buch recht emotional geschildert, aber es gab auch sehr viele Wiederholungen. Vielleicht waren es aber auch wirklich nur noch diese wenigen Gedankengänge und Empfindungen, die er in dieser Zeit empfinden konnte. Man erfährt grob/oberflächlich von seinem 9 wöchigen Aufenthalt in der Klinik und was für ihn Schlüsselmomente waren. Wer hier detaillierte Therapieschilderungen erwartet, wird enttäuscht werden.

Der Abschnitt wie sich Sven dann wieder fängt, ist relativ kurz gehalten. Es wird versucht ein wenig Privatleben mit einzubringen, durch die eher komplizierten Beziehungen, die er dann führte, aber auch das wirkte wieder sehr widerstrebend preisgegeben. Am Ende wurde es dann so verwirrend erzählt, dass ich nicht einmal verstand von mit wem er nun das Kind hatte und ob er mit der Partnerin noch zusammenlebt. Wer nur an einem Bericht über die Karriere interessiert war, wird das wenig stören. Mir persönlich war es eben doch zu wenig.

Zwischen drin gab es immer wieder allgemeine Informationen zum Skispringen, der Geschichte des Skispringens und des verschiedenen Sprungtechniken. Auch wenn das interessant war, wirkte es doch in einer Art Biografie fehl am Platz.

Immer wieder gab es eingestreute Interviews bzw. Wortmeldungen von Leuten aus Svens Umfeld. Dies gefiel mir sehr gut, aber es war zu kurz und zu unpersönlich. Ab und zu gab es schon emotionale Einblicke, aber die waren mir zu gering. Zu Wort kamen hier unter anderem sein erster Trainer, dann Trainer aus der Kinder-und Jugendsportschule, seine Eltern, Martin Schmitt u.v.m.

Die Magersucht oder sagen wir lieber die Essstörung von Sven Hannawald wird ebenfalls kritisch thematisiert. Hier bekam man sogar den tiefsten Einblick von allen Themen im Buch. Die Krankheit Burn-Out wird recht wissenschaftlich erklärt, erhält aber durch Svens in diesem Punkt sehr offenen Schilderungen ein konkretes Gesicht.

Aufgepeppt wurde das Buch durch viele Fotos und sogar Auszüge aus Trainingsakten. Das gefiel mir ausgesprochen gut und allein dafür hat sich dieses Buch gelohnt.

Ich hatte große Erwartungen an das Buch, da ich die komplette Karriere von Sven Hannawald verfolgt habe. Ich hatte mir beispielsweise erhofft mehr über seine Zusammenarbeit oder Konkurrenz mit seinen Kollegen zu erfahren, wie es ist wenn die Jungen nachrücken, man selbst als älterer in den Zugzwang gerät. Vor allem aber hatte ich mir erhofft das seine Rolle in Reinhard Heß' Rücktritt als Bundestrainer wenigstens etwas thematisiert wird und nicht nur mit einem Satz abgehandelt wird. Das alles bekam ich leider nicht, was mich zu einem weiteren Punktabzug veranlasste. Im großen und ganzen hatte ich eher das Gefühl, dass dieses Buch für die vielen weiblichen Teenie-Fans geschrieben wurde, nicht für Leser, die sich intensiv mit dem Skispringen und der deutschen Mannschaft auseinandersetzten.

Grundidee/Informationsgehalt 3/5
Schreibstil/Umsetzung 4/5
Emotionen 3/5


*Fazit:*
Wer sich ,wie ich, einen Einblick in das Seelenleben und die Gedanken von Sven Hannawald erhofft hat, wird sicher ein wenig enttäuscht sein. Zum Thema Burn-Out und seinen Empfindungen während des Krankheit ist er zwar sehr offen, aber beim Rest seines Lebens ist er mit Gefühlsäußerungen sehr reserviert. Ich habe nach dem Lesen des Buches nicht wirklich das Gefühl den Menschen Sven Hannawald näher oder besser zu kennen. Für ein Buch das sich nur auf die Karriere bezieht, hat es aber auch dort nicht genug Informationen geliefert. Wie oben schon beschrieben bekommt man keinen richtigen Einblick in die Teamdynamik, das Training, die Zusammenarbeit mit den Trainern u.sw. Überall bekommt man nur einen Einblick von oben wie in einem Zeitungsartikel. Dafür kauft man sich aber keine Biografie. Ich habe die Karriere von Sven Hannawald komplett mitverfolgt und viele Dinge waren mir daher bekannt. Leser dieses Buches werden alle wenigstens teilweise seine Karriere verfolgt habe, ansonsten würden sie sich kaum dieses Buch kaufen. Daher finde ich, dass man da durchaus detaillierter hätte vorgehen müssen oder das ganze eben auf die emotionale Schiene laufen lassen müssen. So war es irgendwas dazwischen, was mir nicht ganz ausreichte.

3,4 von 5 Sternen
 


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